Was tun, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat? Man unterscheidet zum Beispiel außerordentliche und ordentliche Kündigungen. Nicht selten erhalten Sie aber einfach eine "Kündigung" und wissen nicht, welcher Typ vorliegt. Maßgeblich ist in der Hauptsache das Kündigungsschutzgesetz. Hier nur die wichtigsten Punkte, damit Ihnen kein grundlegender Fehler unterläuft:
Merken Sie sich die 3-Wochen Frist.
§ 4 des Kündigungsschutzgesetzes lautet: "Will ein Arbeitnehmer geltend machen, daß eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, so muß er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist." Aufpassen: Dies gilt (neuerdings) für jede Art von Kündigung, auch solche, die keinen Bezug zum Kündigungsschutzgesetz haben (wie fristlose Kündigungen). Halten Sie also in jedem Fall die 3-Wochen-Frist ein, um eine Klage beim Arbeitsgericht einzureichen! Unter bestimmten engen Umständen werden auch verspätete Klagen zugelassen, vgl. hierzu § 5 Kündigungsschutzgesetz. Allgemein gesagt gilt dies, wenn Sie ohne Verschulden die Frist versäumt haben. Sie müssen jedoch binnen zwei Wochen nach Kenntnis reagieren und gleichzeitig mit der Klage einen Antrag auf Zulassung der verpäteten Klage stellen. Nach Ablauf von 6 Monaten nach Ende der regulären Dreiwochenfrist geht allerdings nichts mehr.
Eine Klage können Sie selbst bei der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts aufgeben. Sie müssen aber wissen, daß Sie dort nicht individuell beraten werden können. Die Rechtsantragsstelle ist lediglich gehalten, die Formalien zu wahren, sie prüft nicht die Rechtslage. Ein Rechtsanwalt oder ein Rechtssekretär Ihrer Gewerkschaft wird mit Ihnen zuvor die Erfolgsaussichten durchsprechen.
Halten Sie folgende Informationen bereit:
Ihren Arbeitsvertrag. Besonders wichtig: Seit wann besteht Ihr Arbeitsvertrag? Nach § 1 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz muß das Arbeitsverhältnis mindestens 6 Monate ohne Unterbrechnung bestanden haben, sonst gibt es keinen Schutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Ferner richtet sich die Dauer der Kündigungsfrist nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses insgesamt (§ 622 BGB).
Wieviele Beschäftigte hat Ihr Arbeitgeber? Weniger oder mehr als 5 bzw. mehr als 10? Bei weniger als 5 Beschäftigten gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht, d. h. Sie können jedenfalls unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (§ 622 BGB) rechtmäßig gekündigt werden. Neu ab 01.01.2004: Bei weiniger als 10 Beschäftigten im Betrieb gilt der Kündigungsschutz nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31.12.2003 begonnen hat.
Gilt für Ihren Arbeitgeber ein Tarifvertrag? Besorgen Sie sich den aktuell gültigen Text! Darin können spezielle Regelungen zur Kündigung stehen. Außerdem sind oft Ausschlußfristen geregelt, wie etwa die Obliegenheit der schriftlichen Geltendmachung eines Anspruchs aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit.
Es sollen in einer Kündigungsschutzklage einige weitere Sozialdaten angegeben werden, um es dem Gericht zu ermöglichen, ggf. die Sozialauswahl Ihres Arbeitgebers zu beurteilen.
Haben Sie eine Rechtsschutzversicherung?
Wenn Sie selbst eine Klage beim Arbeitsgericht aufgeben, werden nur Gerichtskosten erhoben, und zwar (eventuell auch anteilig) vom Verlierer des Rechtsstreits. Ein Anwalt darf gesetzlich festgelegte Gebühren fordern. Eine Rechtsschutzversicherung lohnt sich hier. Rufen Sie ggf. bei Ihrer Rechtsschutzversicherung an und fragen, ob Sie für eine KIage gegen die Kündigung versichert sind, d. h. bitten Sie um eine sog. "Deckungszusage" und um Mitteilung einer Rechtsschutz-Schaden-Nr. Damit können Sie zwar auch Ihren Rechtsanwalt beauftragen, doch kann dieser unter Umständen auch für die Kontaktaufnahme mit der Rechtsschutzversicherung eine Gebühr verlangen. Außerdem werden sowohl Mandant als auch Rechtsanwalt es gern sehen, wenn die Kostenfrage vorab geklärt ist.
Häufig gestellte Fragen:
Wann bekomme ich eine Abfindung?
Ein direkter Anspruch aus dem Gesetz auf eine Abfindung besteht grundsätzlich nicht. Seit 01.01.2004 gibt es jedoch eine Neuerung: Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse und erhebt der Arbeitnehmer keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt allerdings den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann. Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. In manchen Tarifverträgen ist allerdings ein Recht auf eine Abfindung geregelt, wie etwa im Sozialtarifvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der ÖTV. Das Arbeitsgericht kann aber auch ausnahmsweise nach § 9 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz eine Abfindung bestimmen. Diese Vorschrift lautet:
"Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der 2. Instanz stellen."
Das Gericht kann also auf Antrag des Arbeitnehmers den Arbeitsvertrag gegen Abfindung auflösen, wenn letzterer zwar recht bekommt, ihm aber die Weiterarbeit im Betrieb unzumutbar ist. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht den Vertrag gegen Abfindung lösen, wenn eine gedeihliche Zusammenarbeit wegen des Rechtsstreits nicht mehr abzusehen ist. Es soll also vermieden werden, daß der Arbeitnehmer nach dem gewonnenen Prozeß gegen seinen Arbeitgeber in den Betrieb zurückkehrt und "Spießruten laufen" muß.
Die weitaus am meisten praktizierte Ausganssituation für eine Abfindung ist jedoch die folgende: Die Parteien sitzen in der Gerichtsverhandlung und das Gericht gibt den Hinweis, daß der Arbeitgeber – ohne das Urteil vorweg nehmen zu wollen – vermutlich die geringeren Chancen hat, den Prozeß zu gewinnen. Dann einigt man sich auf eine Abfindung im Wege eines Vergleichs.
Wie hoch ist die Abfindung?
Faustregel: Pro Arbeitsjahr im Betrieb ein halbes Bruttogehalt. Man kann jedoch nicht einfach unterstellen, daß man sich schnell hierauf einigen kann. Oft wird unter mühsamer Argumantation lange "gefeilscht". Der o. a. Sozialtarifvertrag gewährt zum Beispiel nur ein Viertel der letzten Monatsvergütung, mindestens aber die Hälfte und höchstens das Fünffache dieser Vergütung.
Wie lange dauert das Gerichtsverfahren?
Das Arbeitsgerichtsverfahren unterliegt dem gesetzlichen festgeschriebenen Grundsatz der besonderen Beschleunigung. Das Gericht setzt nach Klageeinreichung so schnell wie möglich eine sog. "Güteverhandlung" an, wo die Parteien sich verständigen, möglichst auch gleich einigen sollen. Bis zur Güteverhandlung dauert es erfahrungsgemäß zwei Wochen bis mitunter drei Monate, je nach Belastung des Gerichts. Einigt man sich dort nicht, bekommen beide Seiten Fristen für Schriftsätze, und in ca. drei bis sechs Monaten findet die Kammerverhandlung (vor dem voll besetztem Gericht) statt. Am gleichen Tag ergeht ein Urteil, allerdings in der Regel erst am Nachmittag des Sitzungstages; Sie können es am nächsten Tag telefonisch erfragen. Wochen später bekommen Sie erst die Begründung und haben nach deren Erhalt einen Monat Zeit, ggf. Berufung dagegen einzulegen.
Wieviel kostet ein Rechtsanwalt im Kündigungsschutzverfahren?
Die Kosten hängen von Ihrem Bruttoverdienst ab, wonach sich der Streitwert bestimmt. Sie sollten bei einem Monatsbruttoverdienst von 1.500,00 € ca. 500,00 - 1.500,00 € für die erste Instanz einplanen. In der ersten Instanz des Arbeitsgerichtsverfahrens trägt jede Partei die Kosten ihres Anwalts selbst, die Anwaltskosten werden nicht vom Verlierer des Rechtsstreits ersetzt. Nicht selten wird im Ergebnis jedoch eine Abfindung erzielt, so daß sich das Kostenproblem etwas relativiert. Rechtsschutzversicherte zahlen nur Ihren mit dem Versicherer vereinbarten Eigenanteil an den Kosten.