ARZTHAFTUNG · rechtsanwalt reiner schock
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Wegweiser Geburtsschaden
Geburtsschäden unterfallen dem Arzthaftungsrecht, ein besonderes „Geburtsschadensrecht“ gibt
es eigentlich nicht. Besonderheit: Teilweise ist nicht ein Arzt sondern eine Hebamme/ein Geburtshelfer
betroffen, die/der auch als „Geburtshaus“ firmieren kann. Das hat zur Folge, dass die
Schlichtungsstellen für Arzthaftpflichtfragen nicht zuständig sind. Betroffene haben dann nicht
die Möglichkeit, zunächst kostenlos ein Gutachten zu erhalten. Trotz immens hoher Schadenssummen
bleibt nur der sofortige Weg zum Gericht, falls nicht der Schriftwechsel mit der Haftpflichtversicherung
eine Lösung bringt. Es ist aber davon abzuraten, sich ohne Hilfe eines Rechtsanwalts, der darin Erfahrung hat,
mit der Haftpflichtversicherung des Gegners zu einigen. Bei den hohen Summen, um die es bei Geburtsschäden
geht, ist die Versuchung eines Versicherers groß, Betroffenen viel zu wenig auszuzahlen.
Die wichtigsten Fehler bei der Geburtshilfe
In den meisten schweren Fällen begegnen uns
Hirnschäden als Auslöser eines Rechtsstreits, die durch Unterversorgung
des Kindes mit Sauerstoff während der Dauer der Geburt eintreten (hypoxische Hirnschäden). Ausgangspunkt dazu kann sein:
- Falsch gewählter Zeitpunkt der Geburtseinleitung: Eine Not-Sectio (Not-Kaiserschnitt) wird nicht oder zu spät
eingeleitet oder eine Frühgeburt nicht verhindert.
- Verzögerte Verlegung in eine spezialisierte Perinatalklinik: etwa nach vorzeitigem Blasensprung, Amnion-Infektion.
- Regelwidrige Lage des Kindes: Die Entscheidung zum Kaiserschnitt wird fehlerhaft getroffen.
- Nicht erkanntes Übergewicht oder Übergröße des Kindes: Große Kinder neigen zum Beispiel zur „Unterzuckerung“ während der Geburt.
- Nichtreaktion auf Schwangerschaftsrisiken: Alkoholabhängigkeit, Drogenmissbrauch, Mehrlingsschwangerschaften, Krankheiten
der Mutter (Herz/Kreislauf, Infektionen, Diabetes), Wachstumsverzögerungen.
Mögliche Ergebnisse eines Rechtsstreits
Im Ergebnis ist das betroffene Kind sein Leben lang schwerstbehindert, meist geistig behindert und ein Pflegefall.
Schadensersatz kann naturgemäß nicht in einer Wiederherstellung des regulären Gesundheitszustandes bestehen,
sondern nur durch einen finanziellen Ausgleich annährend geleistet werden. Hierbei ist zu unterscheiden:
Schmerzensgeld: Für den erlittenen „immateriellen Schaden“, der also eigentlich nicht in Geld auszuwiegen ist,
haben die Gerichte auf Antrag ein Schmerzensgeld festzulegen. Dabei gibt es umfangreiche Fall-Sammlungen, die
die Entscheidung erleichtern. Ein Hirnschaden mit lebenslanger schwerer geistiger Behinderung kann ein Schmerzensgeld
von bis zu ca. 500.000,00 € als angemessen erscheinen lassen.
Schmerzensgeldrente: Wenn der Geschädigte schwerste Dauerschäden erlitten hat, so dass er die
Lebensbeeinträchtigung immer wieder neu als schmerzhaft empfindet, kann auf eine Schmerzensgeldrente
erkannt werden. Monatliche Beträge von bis zu 500,00 € bei schweren Behinderungen sind möglich. Zu beachten
ist, dass hier nicht zu viel erwartet werden darf, denn die Summe der lebenslang gezahlten Renten kann erheblich
sein und muss in einem angemessenen Verhältnis zum ggf. ohnehin gezahlten Schmerzensgeld stehen.
Ersatz aller geldwerten Aufwendungen: Alles was schadensbedingt aufgewendet werden muss, kann abgerechnet
werden. Dazu zählt auch die für Pflege und Hauswirtschaft aufgewendete Arbeitzeit oder die entgangene
Haushaltshilfe des Kindes, das ab einem gewissen Alter auch Arbeiten im Haushalt zu übernehmen gehabt hätte.
Feststellung der Schadensersatzpflicht für die Zukunft: Soweit für die Zukunft noch nicht feststeht,
was erforderlich sein wird, stellen die Gerichte auf Antrag auch fest, dass jeder künftige materielle und
immaterielle Schaden zu ersetzen ist, soweit er nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist oder
übergehen wird.
Abfindung: Manchmal lohnt es sich für eine Versicherung lieber einen sehr hohen Betrag als einmalige
und endgültige Abfindung zu bezahlen, anstatt das geschädigte Kind sein Leben lang zu begleiten und in
Abständen Prüfungen und Abrechnungen vorzunehmen. Hier kann schnell eine Millionensumme erreicht werden.
Hintergrund ist, dass eine Abfindung der Versicherung
rechnerische Sicherheit gibt, wieviel der Versicherungsfall kostet. Die Versicherung kann das auf die Beiträge
ihrer Versicherten umlegen oder einen Rückversicherer in Anspruch nehmen. Wenn sie aber lebenslange Begleitung
des Geschädigten wählt, muss sie teures Personal einsetzen und hat rechnerische Ungewissheiten, was noch alles
auf sie zu kommen wird.
Ausschlüsse aus der Schadensersatzpflicht
Nach 3 Jahren ist der Anspruch verjährt. Es ist daher sehr wichtig, vor Verjährung ein Gericht anzurufen, weil
durch Rechtshängigkeit die Verjährung „angehalten“ wird. In manchen Fällen beginnt die Verjährung allerdings
erst später, also nicht schon mit der fehlerhaften Geburt. Erst wenn der Geschädigte bzw. sein gesetzlicher
Vertreter von einem Kunstfehler und der Person des Schädigers Kenntnis erlangt, so dass er in der Lage wäre,
Klage einzureichen, beginnt die Verjährung zu laufen. Hier ist aber Vorsicht geboten, denn auch der
Verjährungsbeginn ist kein Automatismus, sondern zunächst einmal ein sehr heikler Streitpunkt, über den ein Gericht
auch erst entscheiden muss, ehe es überhaupt zur Sache geht.
Leistungen, die bereits Sozialversicherungsträger erbracht haben oder noch erbringen müssen, kann der
Geschädigte nicht noch einmal verlangen. Beispielsweise Pflegegeld oder Kosten der ärztlichen Nachbehandlung
werden meist von Kranken- und Pflegekassen erbracht. Auf diese gehen die Ersatzansprüche über, so dass sie
sich selbst um Ersatz kümmern.